Wasserstoff als Schlüsselfaktor auf dem Weg zur Klimaneutralität

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Der Weltenergierat – Deutschland hat bei der gerade zu Ende gegangenen E-World die Zukunft des Wasserstoffs in der Transformation zu einem nachhaltigen Energiesystem beleuchtet. Der Präsident der Organisation, Uwe Franke, erläuterte in einer Keynote die Herausforderungen, die mit dem ambitionierten globalen Hochlauf von Wasserstoff einhergehen.

In Deutschland werden heute 55 TWh entsprechend etwa 2 Millionen Tonnen pro Jahr an Wasserstoff, vor allem in der Chemie, verbraucht. 2030 soll es doppelt so viel sein. Zu den Zielen der Bundesregierung gehört, dass in Deutschland bis 2030 etwa 10 GW Elektrolyse-Kapazität errichtet sind, die auf Basis von erneuerbar erzeugtem Strom den steigenden Bedarf decken. Für den in der weiteren Folge verstärkt zunehmenden H2-Bedarf wird die inländische Produktion aber nicht ausreichen. 2050 rechnet Franke mit einem Importanteil von mehr als 70 Prozent. Um dies zu verwirklichen, ist bereits eine Vielzahl internationaler Partnerschaften, insbesondere mit potenziellen Exportländern, begründet worden. Deutschland steht weltweit auf Platz 1 bei den entsprechend eingeleiteten Initiativen – gefolgt von Japan und Südkorea.

Um die Dimension des Bedarfs an erneuerbar erzeugtem Strom für die Produktion von Wasserstoff deutlich zu machen, nahm Franke Bezug auf die Stahlproduktion von Thyssen-Krupp am Standort Duisburg. Um den dafür notwendigen Strom für die Elektrolyse bereitzustellen, seien 3.200 Windanlagen heutiger Dimensionierung notwendig. Die Kosten für die Umstellung der Stahlproduktion bei Thyssen-Krupp bezifferte Franke auf eine Größenordnung von 10 Milliarden Euro.

Für den Hochlauf von Wasserstoff, der – neben der Industrie – zur Stromerzeugung und in den nur schwer zu elektrifizierenden Verkehrssektoren sowie im Wärmemarkt eingesetzt werden könne, müsse ferner die nötige Infrastruktur einschließlich Pipeline-Systemen ausgebaut werden. Nach seiner Auffassung ist etwa die Hälfte der bestehenden Erdgasleitungen auf Wasserstoff umrüstbar. Eine weitere Herausforderung besteht darin, so Uwe Franke, dass eine Vielzahl von Rohstoffen sowohl für den Bau der Windräder und Solaranlagen als auch für die Errichtung der Elektrolyseure benötigt würde. Bei einem Großteil der Rohstoffe für den Bau der Erneuerbare-Energien-Anlagen sei eine starke Abhängigkeit von China gegeben. Beispielhaft für einen Rohstoff, der für Elektrolyseure gebraucht werde, nannte er Iridium; bei diesem Metall liege die Abhängigkeit von Südafrika bei 90 Prozent.

Die Produktion von Wasserstoff ist zudem mit einem großen Wasserbedarf verbunden; das sind immerhin 18 bis 24 Liter pro kg H2. In Staaten des Mittleren Ostens etwa werde man das Wasser voraussichtlich maßgeblich durch Meerwasser-Entsalzung gewinnen müssen. Auch dies erfordere große Mengen an Strom. Eine drastisch vermehrte Stromerzeugung und ein exponentieller Hochlauf von Wasserstoff werden als Schlüsselelemente für das Erreichen von Klimaneutralität gesehen. Bei der Produktion des Wasserstoffs werde – anders als in Deutschland – in vielen Staaten nicht einseitig auf Strom aus erneuerbaren Energien gesetzt. So erwartet Franke zum Beispiel in China auch eine Nutzung von Kohle unter Abscheidung und Speicherung oder Nutzung des CO2 als klimaverträgliche Lösung.

Interessante möglicherweise zukunftsweisende technische Lösungsansätze entlang der gesamten Wertschöpfungskette wurden im Rahmen der nachfolgenden Podiumsdiskussion in Fünf-Minuten Pitches durch eine Reihe von Start-ups wie Sunfire, CibusCell Technology, HH2E, Electrochaea und CENmat vorgestellt.

Artikel von Hans-Wilhelm Schiffer
Artikel von Hans-Wilhelm Schiffer