Lichtblick-Studie: Eigenheime können viel zur Energiewende beitragen

Bild: Pixabay / sferrario1968

Immer weiter steigende Energiepreise und ein drohendes Gasembargo lassen immer mehr Eigenheimbesitzer auf ein möglichst hohes Maß an Energieunabhängigkeit blicken. Von den rund 15,7 Millionen Ein- und Zweifamilienhäusern hierzulande würde sich bei 10,8 Millionen der Einsatz von Solaranlagen wirtschaftlich anbieten, ist dem vom Energieversorger Lichtblick in Auftrag gegebenen Prosumer-Report 2022 zu entnehmen. In der von EUPD Research durchgeführten Datenanalyse werden erstmalig Stand und Potenzial der Energiewende in Eigenheimen beleuchtet.

„Die Solaranlage ist der Türöffner für die Energiewende zuhause“, kommentierte Lichtblick-Sprecher Ralph Kampwirth bei der Präsentation des Prosumer-Berichts, der zukünftig jährlich erstellt werden soll. In 16 Prozent der solarfähigen Eigenheime werde bereits Sonnenstrom erzeugt.

Neben dem Blick auf die PV-Anlage werden in der Analyse weitere 6 Schlüsseltechnologien beleuchtet. So kommen strombetriebene Wärmepumpen nunmehr in 8 Prozent (870.000) der solarenergiefähigen Eigenheime zum Einsatz. Weitere relevante Technologien sind Heimspeicher (Durchdringung: 4 Prozent), Elektroautos (3 Prozent), Wallboxen (8 Prozent), Smart Meter (3 Prozent) und Energie-Management-Systeme (2 Prozent). Bei fast allen Technologien habe das Zubau-Tempo im vergangenen Jahr angezogen, wird im Bericht positiv angemerkt.

In der Datenanalyse werden die Technologien nach ihrer Relevanz gewichtet und daraus ein Index berechnet. Dieser vergleicht Stand und Potenzial der jeweiligen Technologien. Für das laufende Jahr nennt der Bericht einen Index von 9,5 von 100 möglichen Punkten - die dann erreicht wären, wenn alle Prosumer-Haushalte sämtliche relevanten Technologien verbaut hätten. „Das Potenzial für die Energiewende im Eigenheim ist riesig, wird bisher allerdings kaum ausgeschöpft“, betont Kampwirth.

Wären sämtliche PV-fähigen Häuser mit Solaranlagen ausgestattet, könnten damit 96 Milliarden kWh grüner Strom pro Jahr produziert werden. Das entspräche dem Erzeugungspotenzial von etwa 10 mittleren Kohlekraftwerken. Derzeit würden diese Haushalte noch 336 Milliarden kWh überwiegend fossilen Strom verbrauchen. Alle Technologien umgesetzt - also Stromheizung, Elektromobilität, Speicher und Energiemanagement - könnten potenzielle Prosumer ihren Energiebedarf um 65 Prozent auf 119 Milliarden kWh verringern und ihn damit zu 4/5 selbst erzeugen.

Die Investitionen in PV, Heimspeicher und Wärmepumpe und Energiemanagementsystem bezifferte Lichtblick Prosumer-Experte René Zerwes auf etwa 40.000 bis 60.000 Euro Gesamtkosten. Diese würden sich allerdings zügig amortisieren. In einem Kostenvergleich zu einem überwiegend „fossilen Haus“ über einen Zeitraum von 20 Jahren hinweg zeigten Modellrechnungen, dass hier Ersparnisse zwischen 25 und 36 Prozent möglich seien. Bei dauerhaft hohen Energiepreisen und einer intelligenten Vermarktung von überschüssigem Solarstrom könne das Sparpotenzial sogar auf über 50 Prozent steigen.

Die Investitionen in neue Technologien bringt Kampwirth zufolge weitere Vorteile für das Energiesystem. „Wenn alle Prosumer vom Verbrenner-Auto auf einen reinen Stromer umsteigen, entsteht eine Batterie-Speicherkapazität von 860 Millionen kWh. Das ist mehr als das 20-Fache dessen, was im deutschen Strommarkt als Pumpspeicher zur Verfügung steht.“ Durch die Vernetzung in virtuellen Kraftwerken und durch bidirektionales Laden könne dieses Potenzial etwa zur Stabilisierung der Stromnetze mobilisiert werden.

Um im Eigenheim energieautarker zu werden, müsse sich auch die Politik bewegen und den „analogen Hürdenlauf zum Haus-Kraftwerk in einen digitalen Spaziergang verwandeln“. Viel zu oft noch stehe die Bürokratie den Prosumern im Wege, es gebe zu häufig zu komplizierte Schritte im Anmeldeverfahren, Netzbetreiber seien zu langsam. Wolle man auf Bundesebene neue Geschäftsmodelle einführen, stoße man sich schnell daran, dass es keine einheitlichen Verfahren in den 900 Netzgebieten des Landes gebe.

Bild: LichtBlick
Artikel von Klaus Lockschen
Artikel von Klaus Lockschen