Erneuerbares Dimethylether (rDME) als Klimaschutz-Alternative zur Wärmepumpe im Gebäudebestand

Der Autor, Jobst-Dietrich Diercks, ist Vorstandsvorsitzender des Deutschen Verbandes Flüssiggas (DVFG). Bild: DVFG

„Game Changer“ erneuerbares Dimethylether (rDME) im Wärmemarkt: Ein Vorteil dieses dem Flüssiggas sehr ähnlichen Produktes ist, dass es nicht auf – knappen – Elektrolyse-Wasserstoff angewiesen ist.

Gastbeitrag von Jobst-Dietrich Diercks

Die Wärmewende abseits der Erdgas- und Fernwärmenetze soll nach Vorstellung der Bundesregierung insbesondere durch die Wärmepumpe gelingen. Die Ampel-Koalition fordert ab 2024 beim Austausch von Heizungsanlagen einen Anteil von mindestens 65 Prozent erneuerbarer Energien. Diese Vorgaben sind für viele Hauseigentümer faktisch nur durch die Installation einer Wärmepumpe zu erreichen. Das Problem dabei: Der überwiegende Teil des Gebäudebestandes in Deutschland ist für diese Technik ungeeignet, da die Elektrifizierung der Wärmeversorgung in Bestandsgebäuden umfassende Gebäudesanierungen voraussetzt. Das ist kompliziert, teuer und damit meist unwirtschaftlich. Zudem ist aktuell fraglich, wo der erneuerbare Strom herkommen soll, um die vielen neuen Wärmepumpen klimaneutral zu betreiben – insbesondere im Winter, wenn viel Heizenergie benötigt wird. Häufig ist es in der kalten Jahreszeit hierzulande trüb, und es weht kaum Wind, so dass nur wenig Solar- und Windstrom produziert werden kann. Ein weiterer limitierender Faktor ist die Frage: Wer übernimmt vor dem Hintergrund des zunehmenden Fachkräftemangels im Handwerk die Montage der vielen neuen Wärmepumpen?

Wärmepumpe ist keine One-size-fits-all-Lösung

Um bis 2045 klimaneutral zu werden, braucht es für Bestandsgebäude im ländlichen Raum abseits der Erdgas- und Fernwärmenetze pragmatische Lösungen statt Dogmatismus. Der Fokus auf die Wärmepumpe wird den Gebäudebestand in Deutschland nicht klimaneutral machen. Für echte Teilhabe am Klimaschutz benötigen Millionen Menschen in ländlichen Räumen Lösungen, die für ihre vielfach älteren Gebäude technisch und wirtschaftlich sinnvoll sind. Eine solche passgenaue Lösung gibt es bereits in Form moderner Gas-Brennwertheizungen in Kombination mit Solarthermie/Photovoltaik und erneuerbaren Brennstoffen wie klimaneutralem biogenem Flüssiggas, das im Gebäudeenergiegesetz (GEG) ausdrücklich anerkannt und in Deutschland seit 2018 verfügbar ist. Inzwischen haben sich weitere Optionen für die Flüssiggasbranche ergeben: Erneuerbares Dimethylether (rDME) ist ein dem Flüssiggas sehr ähnliches Produkt.
Der Vorteil: Die Produktion von rDME ist nicht auf knappen Elektrolyse-Wasserstoff angewiesen. Damit setzt rDME in der Debatte um den Beitrag von wasserstoffabhängigen PtX-Lösungen und E-Fuels zur Wärmewende einen eigenen Standard.

rDME auf dem Weg zur Marktreife

Die EU-Kommission hat am 22. Dezember 2021 ein wichtiges Zeichen gesetzt und das Joint Venture europäischer Flüssiggas-Anbieter (nicht: Anbieter von verflüssigtem Erdgas, Methan) zur Produktion von rDME genehmigt. Schon 2027 soll das Produktionsvolumen in der EU jährlich 300.000 Tonnen betragen. In dieser Summe sind weitere Initiativen zur Herstellung von erneuerbaren Brennstoffen wie biogenem Flüssiggas und rDME noch nicht berücksichtigt. Es liegt in der Hand der Politik, weitere Investitionsanreize zu schaffen. Dafür braucht es eine Abkehr von der kompromisslosen Fokussierung auf die Elektrifizierung der Wärmeversorgung – und eine gleichzeitige Orientierung auf alternative Lösungen, die sich für den Gebäudebestand im ländlichen Raum besser eignen und so schnell für einen wirksamen Klimaschutz sorgen.

Förderung von effizienten und kostengünstigen Lösungen

Denn welches Szenario ist ansonsten zu erwarten? Ohne die notwendigen Anreize werden viele Wohnungseigentümer versuchen, ihre veraltete und ineffiziente Heiztechnik so lange wie möglich weiter zu betreiben und sie eher zu reparieren, anstatt auf eine teure Wärmepumpe umzusteigen. Insbesondere ältere Eigentümer, deren Gebäude schlecht gedämmt sind, kann die Heizungsmodernisierung finanziell überfordern. Diese soziale Frage darf nicht ungeklärt bleiben. Denn: Stehen im Alter nur knappe finanzielle Mittel zur Verfügung, hilft es auch nicht, dass der Staat die Umrüstung auf Wärmepumpentechnik mit 45 Prozent der Kosten fördert. Die Elektrowärmepumpe ist zwar für rund 20.000 Euro zu haben, deren Einsatz verlangt aber einen Umbau der Wärmeverteilung auf Niedertemperaturtechnik, in die ebenfalls investiert werden muss. Dies verursacht in der Regel erhebliche Zusatzkosten. Um einen echten Modernisierungsschub für den Heizungsbestand zu generieren, braucht es eine Förderung, die alternative Modernisierungen zulässt.

Der ländliche Raum muss „renewable ready“ bleiben

Der Einsatz von rDME in der Wärmeversorgung des ländlichen Raumes könnte im Vergleich zur Installation von Wärmepumpen den Einsatz von Fördermitteln in erheblichem Umfang reduzieren. Die Umrüstung herkömmlicher Flüssiggasanlagen auf rDME sowie die Installation rDME-tauglicher neuer Heizungen würde nur einen Bruchteil der Kosten benötigen. Für die Umrüstung auf rDME würde je Wohngebäude nicht einmal die Hälfte der Arbeitsstunden anfallen, die für die Installation einer Wärmepumpe gebraucht würden.

Diese Aspekte sollten ein zentraler Grund sein, klimaneutrales rDME bei der Novellierung des GEG als erneuerbare Erfüllungsoption in die Wärmewende zu integrieren – zusätzlich zum gesetzlich bereits anerkannten biogenen Flüssiggas. Damit der ländliche Raum ein flexibler Akteur der Wärmewende bleibt, muss die Gas-Brennwerttherme in Kombination mit erneuerbaren Energien förderfähig bleiben („Renewable Ready“).

Der Autor, Jobst-Dietrich Diercks, ist Vorstandsvorsitzender des Deutschen Verbandes Flüssiggas (DVFG).

Artikel von Jobst-Dietrich Diercks
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