OVG Münster stoppt vorerst Einbaupflicht für schlaue Zähler

Bild: RheinEnergie

Anfang 2020 war der Startschuss für den Smart Meter-Rollout gefallen, indem das Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI) die lange erwartete so genannte "Markterklärung für intelligente Messsysteme" vollzog. Damit hatte das Amt festgestellt, dass die technische Möglichkeit für den „Rollout“ von Smart Metern gegeben ist - Voraussetzung dafür war, dass mindestens drei von der Behörde zertifizierte Geräte auf dem Markt verfügbare waren. Im Laufe des Jahres 2020 hatten viele Versorger mit dem großflächigen Rollout begonnen.

Nun erhält der Generationswechsel bei den Zählern vorerst einen Dämpfer. Das Oberverwaltungsgericht Münster hat per Eilbeschluss vom 4. März 2021 in einem Fall die Vollziehung der genannten BSI-Allgemeinverfügung ausgesetzt. Hintergrund der Entscheidung ist, dass die BSI-Feststellung für Messstellenbetreiber nicht nur die Pflicht auslöste, ihre Messstellen innerhalb gewisser Zeiträume mit den zertifizierten schlauen Zählern auszurüsten, sondern auch "faktisch ein Verwendungsverbot für andere Messsysteme" brachte, wie es das OVG jetzt formuliert. Dagegen hatte sich ein Anbieter, der auch andere Systeme vertreibt mit seiner Beschwerde gewandt.

Praktische Folge der aktuellen gerichtlichen Aussetzung ist, dass nun vorläufig weiterhin auch andere Messsysteme eingebaut werden dürfen. Bereits - möglicherweise auch in Privathaushalten - verbaute intelligente Messsysteme müssten aber nicht ausgetauscht werden, heißt es vom Gericht.

Die Richter begründen ihre vorläufige Entscheidung damit, dass "die am Markt verfügbaren intelligenten Messsysteme nicht den gesetzlichen Anforderungen" genügten. Sie erfüllten zwar die Vorgaben der Anlage VII der Technischen Richtlinie TR-03109-1 des BSI. Die Anlage VII sei aber zum einen "formell nicht ordnungsgemäß zustande gekommen", weil die vorgeschriebene Anhörung des Ausschusses für Gateway-Standardisierung unterblieb. Zum anderen sei die Anlage VII auch in der Sache rechtswidrig, weil sie "hinsichtlich der Interoperabilitätsanforderungen hinter den gesetzlich normierten Mindestanforderungen" zurückbleibe. Die Anlage VII sehe bestimmte Funktionalitäten, die intelligente Messsysteme nach dem Messstellenbetriebsgesetz zwingend erfüllen müssten, nicht vor. Insbesondere könnten "Betreiber von Stromerzeugungsanlagen, die nach dem Gesetz mit intelligenten Messsystemen auszurüsten seien, nicht ausgestattet werden", so die Richter.

Der Beschluss im Eilverfahren ist unanfechtbar, über die eigentliche Klage gegen die BSI-Allgemeinverfügung muss das Verwaltungsgericht Köln noch entscheiden (9 K 3784/20). Das OVG teilt mit, dass noch rund 50 "gleich gelagerte Beschwerdeverfahren von Messstellenbetreibern (insbesondere Stadtwerken) anhängig" seien, über die in Kürze entschieden werde.

Die Branche reagiert zwiegespalten auf die Entscheidung im vorläufigen Rechtsschutz. Der Branchenverband bne, der vor allem nicht netzbetreibende Unternehmen vertritt, begrüßt das Votum, da auch aus seiner Sicht die bisher vom BSI zertifizierten Smart-Meter-Gateways (SMGW) nicht die gesetzlichen Anforderungen erfüllten – mehr noch: Sie träfen "vor allem nicht die Anforderungen des Marktes und die Wünsche der Kunden“, wie bne-Geschäftsführer Robert Busch betonte. Die Messsysteme der ersten Generation seien vom BSI "nur auf wenige Funktionen bezogen zertifiziert, so dass diese SMGW kaum mehr Messdaten liefern können als bisher genutzte analoge Zähler".

Der Vorstand des Smart Metering-Anbieters Hausheld AG, Bouke Stoffelsma, indes betonte, „das Urteil des OVG Münster hat formal zur Folge, dass bis zur Entscheidung in der Hauptsache nochmal veraltete Zähler ohne Kontrolle des BSI eingebaut werden können". Ob solche Zähler dann nach dem Urteil in der Hauptsache weiter genutzt werden dürfen, erscheine "zumindest fraglich". Das BSI habe aus Hausheld-Sicht "umsichtig agiert", indem es "in den Grenzen des Messstellenbetriebsgesetztes für einen soften Start der Technologie gesorgt" habe.

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Artikel Redaktion EID
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