Offshore-Windkraftgesetz ist in Teilen verfassungswidrig

Bild: Trianel

Das Bundesverfassungsgericht hat entschieden, dass das Windenergie-auf-See-Gesetz (WindSeeG) verfassungswidrig ist, soweit Projektierer keinerlei Ausgleich für Planungs- und Untersuchungskosten erhalten, die unter einem früheren Rechtsrahmen entstanden sind.

Das WindSeeG, mit dem seit 2017 der Ausbau der Offshore-Windenergie geregelt wird, ist zum Teil verfassungswidrig. Das hat das Bundesverfassungsgericht mit einem am 20. August veröffentlichten Beschluss festgestellt. Danach müssen Projektentwickler entschädigt werden, wenn ihre Projekte nach dem neuen Gesetz nicht mehr realisierbar sind, die Vorarbeiten aber weiter verwertet werden können. (1 BvR 1679/17, 1 BvR 2190/17)

Mehrere Projektentwickler, unter ihnen die Projektierer wpd aus Bremen und PNE aus Cuxhaven sowie der österreichische Baukonzern Strabag, hatten Verfassungsbeschwerde eingereicht. Sie hatten Voruntersuchungen der Boden- und Naturbeschaffenheit und Gutachten zur Umweltverträglichkeit vorfinanziert und dafür Millionenbeträge investiert. Mit dem WindSeeG war der Ausbau der Offshore-Windenergie in der ausschließlichen Wirtschaftszone außerhalb des Küstenmeeres aber grundlegend neu geregelt worden. Fortan waren eine staatlich verantwortete Flächenentwicklung und ein zentrales Ausschreibungsverfahren vorgesehen, zudem wird mit dem WindSeeG der Bau von Windparks, Leitungen und Netzen aufeinander abgestimmt. Für laufende Projekte sah der Gesetzgeber eine Übergangsregelung vor, wenn diese bis Ende 2020 in Betrieb gehen sollten.

Nach Auffassung des Bundesverfassungsgerichts sei es rechtmäßig gewesen, dass bei der Umstellung auf ein grundlegend neues Regelungssystem frühere Verfahrensschritte wie Genehmigungen und Planfeststellungsbeschlüsse ihre rechtliche Bedeutung verlieren. Diese seien kein Eigentum im Sinne des Artikel 14 des Grundgesetzes und somit auch nicht geschützt. Allerdings sei die Systemumstellung mit dem allgemeinen Vertrauensschutzgebot nicht vollständig vereinbar. „Die Bestimmungen entfalten unechte Rückwirkung, die verfassungsrechtlich teilweise nicht gerechtfertigt ist“, teilte das oberste Gericht in Karlsruhe mit. Die angegriffenen Regeln seien nicht unbedingt erforderlich, weil dem Gesetzgeber ein milderes, ebenso geeignetes Mittel zu Verfügung stehe, um seine Ziele zu erreichen. Dieser Verfassungsverstoß führe aber nicht zur Nichtigkeit des Windenergie-auf-See-Gesetzes, weil er nur einen Randbereich betreffe, so die Richter. Der Staat müsse deshalb den Entwicklern die Kosten für ihre Planungen und Untersuchungen finanziell ausgleichen, wenn sie ihre Daten und Unterlagen herausgeben und für die entsprechenden Flächen bis Ende 2030 ein Zuschlag erteilt wird, beschloss das Gericht.

In einer ersten Reaktion begrüßte der Cuxhavener Windprojektierer PNE das Urteil. Das Bundesverfassungsgericht habe damit den Grundsatz des Vertrauensschutzes gestärkt. In Cuxhaven will man nun die Begründung zu der Entscheidung genau analysieren und bewerten. Kritik kam hingegen vom Bremer Projektentwickler wpd, dessen bereits genehmigtes Projekt Kaikas mit geplanten 80 Windanlagen in der Zone 3 durch das neue Gesetzt scheiterte. „Wir sind in unserer Auffassung bestätigt worden, dass die Ausgrenzung von Kaikas in dieser Form nicht rechtmäßig war“, erklärte wpd-Vorstand Achim Berge Olsen. Mit einer finanziellen Entschädigung zeigt er sich aber nicht wirklich zufrieden. „Schließlich wollen wir Projekte bauen und zur Erreichung der neuen ehrgeizigen Ausbauziele von 20 GW bis 2030 und 40 GW bis 2040 beitragen“, so der wpd-Chef gegenüber dem EID. Dazu sollte das Potential der bereits entwickelten Projekte wie Kaikas genutzt werden und in das bestehende System integriert werden.

Als einziges bereits genehmigtes Offshore-Windprojekt war Kaikas von den im WindSeeG vorgeschriebenen Ausschreibungen ohne Entschädigung ausgeschlossen worden. Das Bundesamt für Seeschifffahrt und Hydrographie hatte zuvor im März 2015 erklärt, dass Planfeststellungsverfahren für Offshore-Windenergieprojekte der Zonen 3 bis 5, nicht weiter fortgeführt würden, da keine zeitnahe Netzanschlussperspektive bestehe. Nachdem alle Versuche einer politischen Lösung für das Projekt gescheitert waren, landete der Fall vor dem Bundesverfassungsgericht.

Artikel Redaktion EID
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